Das Leben im Kriegsgebiet

Szenerie: 26. August 2006, zu später Stunde auf dem alljährlichen Fest meiner Heimatstadt

Eine Gruppe von 5-10 Albanern stürzt sich in einer dunklen Gasse auf Mario*. Sie überwältigen ihn, drücken ihn auf den Boden und strecken seine Hand aus. Ein junger Mann - Bekim* - baut sich vor Mario auf und tritt zu. Immer wieder.
Grund: Mario hatte mit Bekim's Ex-Freundin auf dem Fest geflirtet.

Als die Sirenen ertönen, laufen sie weg. Mario kommt ins Krankenhaus.
Ergebnis: Fünffache Fraktur der rechten Hand.
Mario's Kommentar: "das heilt schon wieder..."

Die Bande wird von der Polizei verhaftet. Anklage wegen Körperverletzung wird erhoben. Mario verweigert die Aussage, es kommt zu keiner (oder nur einer minderschweren) Verurteilung.
Mario's Kommentar: "die dürfen nicht in den Knast, das ist meine Angelegenheit."

Mittlerweile ist Mario's Hand schon ziemlich gut verheilt.
Er ist bekannt in der Stadt, - und gefürchtet. Er hat gute Kontakte zur rechtsradikalen Szene sowie zu den "Hells Angels".
Aktuelle Aussage: "Entweder die ziehen von sich aus hier weg, oder wir helfen nach. Eines ist sicher: es herrscht Krieg!"



Ich bin froh nicht mehr in dieser Stadt zu wohnen. Nicht mehr auf die kooperative Gesamtschule gehen zu müssen. Den Leuten nicht mehr täglich in die Augen sehen zu müssen. Und keine Angst mehr zu haben.
Angst, auf dem Nachhauseweg abgefangen zu werden. Angst aufgrund der nicht-arischen Herkunft zum Opfer zu werden. Angst zwischen die Fronten zu geraten.

Wie Nora*. Nora war hübsch, - zu hübsch. Bayram* bemühte sich wochenlang um sie. Leider vergeblich.
Als Nora mit einem Nazisympathisanten zusammen kam, zürnte sie Bayrams Hass. Sie wurde überfallen und in den Bauch getreten. Die Täter wurden nie gefasst...



Ich hatte Glück. Wir zogen fort, als ich 14 war.
Das Leben auf dem Dorf oder in einer Kleinstadt kann wirklich sehr idylisch und behütet sein. Das Leben in meiner Heimatstadt war einfach nur die Hölle!


* Namen geändert
unbending (Gast) - 27. Dez, 15:01

hm... ja, sowas kenne ich. Wenn man auf der Straße aufgewachsen ist, wie ich, dann kennt man die Gefahren. Ich kann zu diesem Thema sagen: Auf den Straßen ist Krieg... schon lange, es haben nur viele keine Notiz davon genommen bis vor ein paar Jahren.
Diese Typen von denen diese Geschichte hier schreibt, hätten auf der Straße keine lange Karriere... sie würden "gefressen", ein für alle mal.
Ich weiß aus längeren Jahren auf der Straße und dem Leben in entsprechenden Bezirken, in denen "die Welten aufeinander treffen" wie es ist. Ich bin nicht unbedingt stolz darauf einiges zu kennen und miterlebt zu haben, doch ich weiß wenigstens worüber man da redet und welche Gesetze es auf der Straße gibt... unsere Herren Politiker haben zum Beispiel von nichts auch nur einen Schimmer.
Wenn ich mir die "Gesetze" der "normalen" Welt so ansehe, dann weiß ich aber manchmal nicht was ich schlimmer finde. Da wird hintergangen, intrigiert, ins Gesicht gelogen und der eine oder andere total fertig gemacht. Auf der Straße weißt Du um Deine Gegner und kennst die, die Dir gefährlich sein können... das ist zuweilen vorteilhafter. Die Gesetze auf der Straße sind sehr hart... aber man weiß woran man ist und zu wem man gehen kann... in der "normalen" Welt wäre ich mir da nicht immer sicher...
Was lernen wir daraus? Keine Ahnung... vielleicht, dass es nichts perfektes gibt und man nirgends wirklich sicher sein kann... wer weiß....

Küstennebel - 28. Dez, 17:35

von völliger sicherheit zu sprechen wäre wahrhaft utopisch. schließlich hängt sicherheit nicht nur von der umgebung, sondern auch von einem selbst ab!
auf der straße aufzuwachsen ist zudem nochmal etwas ganz anderes. dort ist es vermutlich kaum möglich konfrontationen aus dem weg zu gehen und sich als einzelkämpfer durchzuschlagen.
mir ging es im grunde nur darum, aufzuzeigen, dass es durchaus schwierige und einfachere gegenden gibt. und dass sich manche ortschaften auf idyllischen vorzeigeschildern selbst anpreisen, während es in ihrem inneren brodelt und gar explodiert.

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